
Beyond time
Als die Idee von „Beyond Time“ aufkommt, sitze ich gerade in München, und mein letzter Surftrip ist bereits ein paar Wochen her. Deshalb bin ich super motiviert und trommele zusammen mit Philipp Sigmund von Different Minds ein Team zusammen. Excited checke ich die Forecast Maps für Europa, aber mit dem Sommer, der langsam aber sicher einkehrt, tut sich leider nicht sehr viel im Nordatlantik. Schottland steht im Raum, und auch ein kleiner Swell rollt Richtung Bretagne. Nichts Spektakuläres, aber spaßig würde es allemal werden. Ich behalte die beiden Vorhersagen für ein paar Tage im Auge, aber je näher wir den möglichen Daten kommen, desto ernüchternder sieht der Forecast aus. Es vergehen ein oder zwei Wochen, und noch immer warten Philipp und unser für das Projekt aktiviertes Filmteam auf das „Go“. Aber Warten auf Wellen gehört natürlich genauso dazu wie das Surfen selbst, und früher oder später kommt dann doch wieder alles zusammen.
Die Entscheidung für Dänemark
Schon kurze Zeit später ploppt auf den Karten ein Anblick auf, der mir eine Menge Hoffnung gibt, dass wir schon sehr bald loslegen können. Eine dunkelrote Blase zieht über den Bildschirm und schiebt sich von Island und Norwegen gen Süden, bevor sie zwischen England und Norwegen einen kleinen Schlenker Richtung Dänemark macht. Ich war schon seit Wochen nicht in meiner Heimat Dänemark, weshalb mir dieser Anblick natürlich sehr gelegen kommt. Ich warte noch ein, zwei Tage, denn so richtig eine Aussage zum Forecast treffen kann man in diesen Breitengraden meistens erst 2-3 Tage im Voraus. Anders als die letzten Swells, auf die wir unsere Augen gerichtet hatten, soll dieser Sturm wirklich an der Nordwestküste Dänemarks eintreffen, wie sich in den nächsten Tagen herausstellt. Also gebe ich den Jungs Bescheid, und wir fangen an zu packen.

Ankunft in Klitmöller
“48 Stunden später sind wir in meiner Wahlheimat angekommen. Der bescheidene kleine Fischerort Klitmöller, inmitten des Nationalparks Thy an der Westküste Dänemarks. Klitmöller, oder „Cold Hawaii“, wie die Umgebung drumherum auch genannt wird, ist, wie der Name schon vermuten lässt, für zwei Dinge bekannt: Surfen und die Kälte. Vor allem die Wintermonate können einem wirklich zusetzen und ewig lange vorkommen. Der einzige Vorteil ist, dass in der Zeit von Oktober bis März die besten Swells an die Nordseeküste rollen, weshalb es viele von uns dann doch hierhält und die kurzen Tage und das miese Wetter erträglich macht. Von Dunkelheit ist jetzt im Sommer keine Rede. Im Gegenteil, eigentlich wird es gerade zu dieser Jahreszeit kaum dunkel. Die Sonne geht um 4:00 Uhr auf und um 23:00 Uhr unter, dazwischen dämmert es, und ein roter Schimmer ist eigentlich die ganze Nacht zu sehen, was das Licht und die Stimmung zu einer ganz besonderen in den Sommermonaten macht. Ich liebe es, zu dieser Jahreszeit in Dänemark zu sein, wenn sich die Touris in Scharen an die Küste begeben, es lange Schlangen vor den Eisdielen gibt, die Sonne scheint, das Wasser warm wird, und alle Leute gut drauf sind. Die Wellen haben zwar nicht die gleiche Qualität und kommen nicht in so regelmäßigen Abständen wie im Winter. Teilweise ist die Nordsee sehr ruhig und stellt uns Surfer auf die Geduldsprobe, was durchaus sehr frustrierend sein kann nach wochenlangem „auf dem Trockenen sitzen“. Wenn aber doch mal ein guter Sommerswell kommt, dann gibt es nichts Besseres als zu Hause zu surfen. Wer gerne ohne die Sommercrowd surft, stellt sich den Wecker seeeehr früh und paddelt zum Sonnenaufgang raus, und diejenigen unter uns, die es nicht stört, wenn es auch mal etwas voller im Line-up wird, können locker und leicht bis Mitternacht surfen.
Ihr merkt vielleicht, worauf ich hinaus will: Zeit ist für uns Surfer superwichtig und vor allem sehr relativ. Das Warten auf Wellen kann sich lang und zäh anfühlen, kann frustrierend und endlos erscheinen, und wenn dann doch alles zusammenkommt, fühlt es sich an wie ein Rush und zieht blitzschnell vorbei. Gleichzeitig fühlen sich die Sekunden, in denen man auf dem Board steht, wenn man eine gute Welle erwischt, an, als würde die Zeit stillstehen. Genau das ist es, wonach wir so süchtig sind und was uns immer wieder zurück ins Meer zieht – das Gefühl, welches wir versucht haben, in „Beyond Time“ einzufangen.